Deportation. Rehabilitierung

1941 nach dem Kriegsanfang mit Deutschland hat die Massendeportation der Deutschen etappenweise aus dem europäischen Teil der Sowjetunion nach Sibirien und Kasachastan angefangen. Nach Beschluß des staatlichen Verteidigungsausschusses vom 8. Oktober 1941 sollten 23.580 Menschen aus Georgien, 22.741 Menschen aus Aserbaijan und 212 Menschen aus Armenien nach Kasachstan umgesiedelt werden.


Nur diejenigen Frauen, deren Ehemänner anderer Nationalitäten waren, haben sich vor dieser Zwangsumsiedlung gerettet. Außserdem existierte in Georgien eine Liste, nach der 1000 Deutsche verhaftet werden sollten. Die Umsiedlung geschah im Zeitraum vom 15 bis zum 30. Oktober. Laut Befehl vom 14. Februar 1942 wurden deutsche Männer im Alter von 17 bis 50 Jahre in die Trudarmee einberufen. Danach wurden laut Befehl vom 7. Oktober 1942 noch zusätzlich deutsche Männer im Alter von 15-16 und 51- 55 Jahre zur Trudarmee einberufen. Viele Einberufene sind wegen unerträglicher Lebens- und Arbeitsbediengungen gestorben.
Diese Umsiedlung und das Leben in der Trudarmee ist aufgrund vieler Unterlagen im Buch von S.W. Otlen (Pseudonym von Otar Kapanadse) „Die Zeit wird nicht gewählt“ und auch im Buch von Frau Diana Kessner „Die Wege des Lebens“ (beide in russischer Sprache) auf hohem künstlerischen Niveau beschrieben.

 


Es wird in diesem Werk über die Umsiedlungsgeschichte der Nachkommen von Professor Kessner, dessen Enkelin D. Kessner war, ihr Leben in Kasachstan, halblegale Rückkehr nach Georgien und auch über das Studium und die Festnahme von Diana Kessner erzählt. Ein Beispiel der Einberufung zur Trudarmee ist im Buch von Diana Kessner geschildert:
„Ende des dritten Jahres der Umsiedlung hat sich das Schicksal auch an mich herangeschlichen. Es wurde verordnet, junge Menschen beider Geschlechte in die Gruben „Maikan soloto“ zu schicken. Ein bekanntes kleines Schiff „der 8. Februar“ keuchte von Dorf zu Dorf und sammelte Kinder, genauer zu sagen, nahm die Kinder ihren Eltern weg. Wackere Offiziere der besonderen Bestimmung leiteten diesen Schreck. In den Semijarsk Listen war mein Name auch angegeben… Ich habe mich entschieden, mir selbst zu helfen. Mit schweigsamer Genehmigung meiner Mutter bin ich in ein altes verlorenes Haus am Rande des Dorfes, das die Einheimischen „Haus mit Gespenst“ nannten, hineingedrungen… Mit der Morgendämmerung ist ein erschöpfender Tag angebrochen, dessen jede Minute in Erwartung des Konvois dauerte. Schließlich habe ich mich schon nicht beherrscht, ich habe mich von meiner freiwilligen Verhaftung befreit und bin an den Irtysch gelaufen. Die Wellen brachten schon Eis mit. Ich bin nur mit einem Gedanken in kaltes Wasser hineingesprungen – ich muss krank werden, sofort in dieser Minute! Wenn ich Temperatur mindestens 40 hätte! Ich bin doch so schwach und zart, ich müsste gleich krank werden. Als Kranke werde ich nicht fortgeführt! Ich bleibe! Ziemlich grosse Eisblöcken schlugen mich. Ich spürte absolut nichts. Endlich bin ich mit Mühe auf einen Stein geraten, ich stand im stacheligen Wind so lange, wie lange mein Willen ausgehalten hat. Mein zerrissener Rock ist schon in Eis umgewandelt. Die nachkten Beine und Hände sind klamm und schwarz geworden. Irgendeiner Bekannte hat mich bemerkt und schnell nach Hause gejagt. Die schwere Lungenentzündung hat mich für lange Zeit an das Bett gefesselt. Später habe ich erfahren, dass ein Mädchen, das etwas junger, als ich, war, meinen Platz und meine Nummer in der Liste eingenommen hat. Kaum das Schiff die Mitte des Flusses erreichte, sprang sie vor ihren am Ufer stehenden Eltern ins Wasser und ist umgekommen.
Noch ein Mitglied der Assoziation Frida Mayer-Melikowa hat Errinerungen „Das Leben zwischen den Mühlsteinen der Politik“ auf Deutsch geschrieben und herausgegeben. Frau F. Mayer-Melikowa ist die Tochter des Pastors Richard Mayer, der in den 30-er Jahren erschossen war. Sie war auch Repressivmaßnahmen unterworfen, zur Zeit ist sie über 100 Jahre alt und wohnt in Deutschland.


Erst 1972 wurde den Deportierten nach dem unofiziellen erlassenen Befehl freie Auswahl des Wohnortes erlaubt, man brauchte aber eine spezielle zusätzliche Erlaubnis zum früheren Wohnort zurückzukehren. Bis 1979 sind ungefähr 2000 deportierte Deutsche nach Georgien zurückgekommen. Stalinistische Repressionen haben sehr viele Menschen betroffen, deren Anzahl bis zur Zeit vom Geheimdienst nicht veröffentlicht wird. Sehr viele Georgier, besonders Intelligenz, wurden repressiert. Neben den Deutschen gehören zu den repressierten Völkern auch Türk-Meskhete, teilweise Grieche, Iraner und Assyrier. Die reale Rehabilitierung ist erst im unabhängigen Georgien im Dezember 1997 geschehen. Parlametnt des Georgiens hat das Gesetz angenommen „über Anerkennung der Bürger Georgiens als Opfer von Politischen Repressalien und über den Sozialschutz der Repressierten“. Im ersten Artikel dieses Gesetzes aber gab es zwei Bestimmungen, die der einander widersprechen:
2. Die Geltung dieses Gesetzes betrifft jene Bürger Georgiens, die in Georgien im Zeitraum vom 25. Februar 1921 bis Oktober 1990 den politischen Repressionen unterzogen worden sind.
3. Dieses Gesetz betrifft diejenigen Menschen nicht, die als ethnische Gruppen im Zeitraum vom 25. Februar 1921 bis 28. Oktober 1990 deportiert wurden, deren Rehabilitierungsordnung getrennt bestimmt wird.
Dieses letzte Versprechen ist bis heute nicht erfüllt. Die Assoziation der Deutschen Georgiens hat sich viel Mühe gegeben, um dieses Gesetz auf Bürger Georgiens, die nach ethnischem Merkmal deportiert worden waren, verbreiten zu lassen.
Laut dieses Gesetzes wurde den Opfern der Repressionen so eine Rentenhöhe festgelegt, die Kriegsinvalide erhalten, und die in jener Zeit 49 Lari betrug, dieser Rentebetrag war früher höher, als die gewöhnliche Rente. Dazu gab es noch für sie viele Ermäßigungen in Kommunalgebühren. Leider ist die Höhe dieser Rente nicht indexiert, zur Zeit beträgt sie eine Hälfte der gewöhnlicher Rente. Nur eine „Kompensation“ in Höhe von 7 GEL hat alle Ermäßigungen ersetzt. Der 3. Punkt des Artikels 8 lautet folgenderweise:
3. Die Wiederherstellungsregel der Vermögensrechte von rehabilitierten Personen wird durch ein anderes Gesetz bestimmt.
Dieser Punkt ist auch nicht erfüllt.
Deswegen haben Brüder Kiladse, die infolge der Repressionen ihre beiden Eltern verloren hatten, eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Strassburg) eingereicht, der am 2. Februar 2010 einen Beschluß gefasst hat, laut dessen die Regierung Georgiens den Brüdern Kiladse und auch allen Opfern der politischen Repressionen, die in Georgien wohnhaft sind, einen Betrag in Höhe von 4.000 Euro pro Person als Kompensation auszahlen muss. Alle Friste, die in diesem Beschluß angegeben sind, sind längst vorbei, es gibt aber keinen Progress.
Im Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 2. Februar 2010 wird vermerkt, dass es nicht klar sei, aus welchem Grund Georgien im Laufe von mehr als 11 Jahren das Problem der Kompensation den Repressierten nicht gelöst habe. Denn tausende Menschen sind im solchem Zustand, wie Brüder Kiladse, hat das Strassburger Gericht den Staat beauftragt, die Lücken im Gesetz möglichst schnell auszufüllen.
Der Direktor des Europäischen Zentrums für Menschenrechte Professor Philipp Lich meint, dass der Hauptaspekt der Gerichtsentscheidung folgender ist: „Laut Gerichts wurde während der Verhandlung dieser Sache angemerkt, dass in Georgien von 600 bis 16000 Menschen sind, denen die Kompensation zusteht. Zu dieser Etappe ist es nicht bekannt, ob diese Ziffern richtig sind. Das Gericht hat sich kritisch zur Regierung Georgiens darüber geäußert, daß sie richtige Angaben über die Menschen, denen diese Kompensation zustehen kann, nicht vorgelegt hat. Das Gericht hat direkt erklärt, daß die Regierung ein Gesetz (über Kompensation) verabschieden und entsprechendes Budget zu diesem Zweck bestimmen soll. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte verpflichtet Georgien direkt dazu.“ Laut vieler Abkommen, die in den 1990-er Jahren verabschiedet wurden, ist eigentlich Rußland der Rechtsnachfolger der UdSSR. Die Verantwortung für die Repressionen, die in sowjetischen Republiken einschließlich Georgien durchgeführt wurden, soll entsprechend auch Rußland tragen.
„Als Georgien 1997 diese Verpflichtung auf sich genommen hat, hat es nicht gesagt, daß dafür der Staat Rußland verantwortlich sei und Georgien diese Verantwortung ablehne. Es hat sie übernommen und sagte, dass sie den Menschen, die wegen Repressionen in Mitleidenschaft gezogen worden seien, soziale Garantien vorschläge, außerdem werde es sie mit einer Vermögenskompensation versorge. Man muss nicht vergessen, dass Georgien ein Bestandteil der UdSSR war, und politische Repressionen auch von den regierenden Organen Georgiens verwirklicht wurden. Es ist klar, dass die Direktive aus Moskau kam, obwohl ich nicht denke, dass es so in allen Fällen war“, – sagt Tamar Chidascheli.
Im Mai 2011 wurde ein Gesetz herausgegeben, das eine Änderung im Gesetz von 1997 vorsieht. Laut der Änderung bestimmt das Gericht die Höhe der finanziellen Entschädigung, dabei berücksichtigt es eine Wucht von verschiedenen Zwangsmaßnahmen, den Alter und Gesundheitszustand und auch andere objektive Faktoren.